Podiumsdiskussion: Gender und die Linke, 29.04.22
Freitag, 29. April 2022, 19 Uhr im Conne Island
Die Veranstaltung lÀsst sich nun auf YouTube nachschauen.
Die Idee einer Befreiung der Geschlechter datiert zurĂŒck vor den Marxismus. Es waren utopische Sozialisten wie Charles Fourier und Mary Wollstonecraft, die formulierten, dass das Versprechen von âGleichheit, Freiheit und BrĂŒderlichkeitâ der bĂŒrgerlichen Revolutionen nur von Bedeutung sei, wenn es alle Menschen betrĂ€fe. Diese Forderung nahm der historische Marxismus des 19. und frĂŒhen 20. Jahrhunderts in der Frage nach der âBefreiung der Frauâ auf und versuchte, sie in der proletarischen Weltrevolution umzusetzen. Nachdem der Versuch einer solchen Revolution in den Jahren 1919 bis 1923 als gescheitert galt, schienen Fragen nach Geschlecht von geringer Bedeutung fĂŒr die Ăberreste marxistischer und sozialistischer Politik.
Es war die Neue Linke, die Fragen nach SexualitĂ€t und Geschlecht erneut aufwarf und als Kritik des Marxismus in Stellung brachten, da dieser die Themen vernachlĂ€ssigt habe. Die âZweite Welle des Feminismusâ, die sich aus dem gescheiterten Projekt der Neuen Linken ergab, war desillusioniert: Eine Befreiung aller Geschlechter wurde gelesen als eine BetĂ€ubung gegen die realen MachtverhĂ€ltnisse eines jahrtausendealten Patriarchats - eine Befreiung der Geschlechter könne nicht bis zu einer imaginierten âDiktatur des Proletariatsâ vertagt werden. Doch bereits bald darauf zeichneten sich auch innerhalb des Feminismus ideologische und politische Differenzen und Konflikte ab. Der in den 1950ern vom Psychologen John Money eingefĂŒhrte Begriff Gender, der die psychische und soziale Dimension des Geschlechts betont, hielt Einzug in feministische Diskussionen, am prominentesten vielleicht in Judith Butlers âGender Troubleâ.
SpĂ€testens seit diesem Zeitpunkt scheint der Begriff Gender zunehmend politische Bedeutung zu erhalten, auch und vielleicht besonders innerhalb der Linken. Als Begriff scheint er traditionelle Grenzen zwischen den Geschlechtern einzureiĂen, aber auch neu zu errichten. Und auch fĂŒr die Linke ist Gender ein Zankapfel, ĂŒber dessen korrekte Beurteilung sich Gruppen und Zeitungen spalten.
Ist âGenderâ eine Leerstelle des Marxismus, die nur durch neue Formen der Theorie komplettiert werden kann? Welche politische Bedeutung hat der Begriff Gender fĂŒr die Linke heute? Wie steht es um âGender-Befreiungâ mehr als 30 Jahre nachdem sie als politisches Projekt ausgerufen wurde? Was hat die Linke gelernt aus den 200 Jahren Kampf um die Befreiung der Geschlechter? Welche politische Rolle kĂ€me âGenderâ in einem Kampf um die Emanzipationen der Geschlechter zu?
Sprecher*Innen:
- Roswitha Scholz
- Sara Rukaj
- Stefan Hain
Eine Veranstaltung von Platypus Leipzig